Erntedankfest
Das Erntedankfest ist eine der ältesten und verehrtesten Traditionen in der Bundesrepublik Deutschland. Es wird am ersten Sonntag im Oktober gefeiert und symbolisiert die Dankbarkeit für die Ernte und die Naturgaben, die das Leben und das Wohlergehen der Menschen sichern. Lesen Sie mehr über die Ursprünge und die Feierlichkeiten zu Erntedank in diesem Artikel.
Der Erntedank ist mehr als nur ein Volksfest. Es ist ein symbolischer Akt der Dankbarkeit für die Gaben des Landes, der Menschen zusammenbringt und uns an die Bedeutung von Landwirtschaft und Natur in unserem Leben erinnert.
Allgemeine Informationen über das Erntedankfest
Name des Feiertags | Erntedankfest |
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Was wird gefeiert | Vollendung der Ernte, Dankbarkeit für die Gaben der Natur an Gott und die Bauern, achtsamer Umgang mit der Natur |
Datum | erster Sonntag im Oktober |
Erstmals gefeiert | in vorchristlicher Zeit |
Offizieller Status | kein offizieller oder kirchlicher Feiertag |
Symbole | Obst, Gemüse, Brot, Erntedankkronen, -räder und -teppiche, Erntedankpuppen |
Geschichte des Erntedankfestes in Deutschland
Das Erntedankfest reicht in seinen Wurzeln bis in das Altertum zurück. Lange vor dem Christentum feierten die Menschen das Ende der Ernte und dankten den Göttern für die Gaben des Landes.
Mit dem Aufkommen des Christentums wandelte sich diese Tradition und erhielt eine neue Bedeutung. Die Kirche übernahm den Feiertag und machte ihn im 3. Jahrhundert zum Bestandteil des Kirchenkalenders. Damals gab es jedoch keinen festen Tag, da das Klima in den verschiedenen Gebieten variierte und die Ernte daher nicht zur gleichen Zeit eingebracht wurde.
Nicht weniger wichtig waren die Frühjahrsfeiern, die dem Wiedererwachen der Natur nach dem Winter gewidmet waren. Heutzutage erinnern die Frühlingsfeste, die auch in vielen deutschen Städten stattfinden, an sie.
Das Erntedankfest wurde schnell zu einem festen Bestandteil des deutschen religiösen Lebens. Im Mittelalter erlangte der Feiertag besondere Bedeutung, als die Landwirtschaft für die Mehrheit der Bevölkerung zur Haupteinnahmequelle wurde. Das Erntedankfest wurde in jeder Gemeinde gefeiert, und dieser Tag symbolisierte das Ende einer schwierigen, aber fruchtbaren landwirtschaftlichen Saison.
Auch nach der Reformation wurde das Erntedankfest an verschiedenen Daten von Ende August bis Anfang November gefeiert. Schließlich wurde der erste Sonntag nach Michaelistag (29. September) das übliche Datum für die evangelischen Kirchen. Dieses Datum geht auf ein Dekret von König Friedrich dem Großen von Preußen aus dem Jahr 1773 zurück. Lange Zeit konnte der Feiertag auch in den September fallen.
1933 ordnete Adolf Hitler an, dass das Erntedankfest landesweit am ersten Sonntag im Oktober gefeiert werden sollte. 1934 legte das Gesetz über die Feiertage das Datum des Feiertags auf den ersten Sonntag nach Michaelistag fest. An diesem Tag ehrte das NS-Regime vor allem die Bedeutung der bäuerlichen Bevölkerung für das Reich, das sich auf die Blut-und-Boden-Ideologie stützte. Zentrales Ereignis war das Reichserntedankfest auf dem Bückeberg bei Hameln.
Wann feiern die modernen Kirchen das Erntedankfest?
Heute feiern die evangelischen Kirchen in Deutschland das Erntedankfest am ersten Sonntag im Oktober. Dies wurde 2006 festgelegt: Sowohl die VELKD als auch die UEK verabschiedeten einen liturgischen Kalender, der das Erntedankfest auf den ersten Sonntag nach Michaelistag (29. September) legt, sofern dieser nicht auf einen Samstag fällt. Nur 2007 wurde das Erntedankfest noch am 30. September gefeiert.
Evangelische Freikirchen feiern den Erntedank in der Regel am ersten Sonntag nach dem Michaelistag. Die Neuapostolische Kirche Deutschlands begeht das Erntedankfest am ersten Sonntag im Oktober. Mancherorts sind auch andere Daten üblich. So feiern die Gemeinden an der Mosel das Fest nach der Weinlese am zweiten Sonntag im November.
Im Jahr 1972 legte die römisch-katholische deutsche Bischofskonferenz den ersten Sonntag im Oktober als Datum für das Erntedankfest fest. Der Feiertag ist jedoch immer noch kein offizieller Teil des Kirchenjahres, und die Gemeinden sind nicht zur Feier verpflichtet. Dennoch ist es in vielen römisch-katholischen Kirchengemeinden längst Brauch, für eine gute Ernte zu danken, und die Eucharistie am ersten Sonntag im Oktober wird oft als „Dank für die Frucht der Erde und der menschlichen Arbeit“ auf einem von Erntedankgaben umgebenen Altar gefeiert.
Im Jahr 2024 fällt Erntedank auf den 6. Oktober. In den Jahren 2025 und 2026 wird der Feiertag am 5. bzw. 4. Oktober begangen.
Bedeutung von Erntedank
Heute ist das Erntedankfest kein offizieller Feiertag und gehört nicht zu den kirchlichen Feiertagen, da es nicht einem biblischen Ereignis gewidmet ist. Trotzdem behält es seine kulturelle Bedeutung. Im Laufe der Zeit hat sich die Bedeutung des Feiertags jedoch gewandelt und erweitert:
- Die ursprüngliche Bedeutung des Festes ist religiös. Das Erntedankfest soll betonen, dass wir Menschen keine Kontrolle über Gottes Schöpfung haben, weil wir laut der Bibel ein Teil davon sind, und dass wir Gott für seine Großzügigkeit und Barmherzigkeit dankbar sein sollten.
Heutzutage dankt man nicht nur Gott und der Natur, sondern auch den Bauern und Arbeitern, die durch ihre Mühe gute Ernten einbringen. Deshalb wird Erntedank nicht nur in der Kirche gefeiert, sondern auch auf Bauernmärkten und Dorffesten. In vielen Städten ist das Erntedankfest zu einem Familienfest geworden, bei dem Kinder die Natur zu schätzen lernen und die Bedeutung der Landwirtschaft verstehen.
- Der Feiertag dient auch dazu, an die Bedürftigen zu erinnern. Im christlichen Werteverständnis sind Teilen und Dankbarkeit eng miteinander verbunden. Deshalb werden Erntedankgottesdienste oft mit Spendenaktionen und Lebensmittelsammlungen verbunden.
- Themen wie Umweltschutz und Lebensmittelverschwendung spielen eine immer wichtigere Rolle. Nun dient das Erntedankfest als Erinnerung daran, wie wichtig es ist, die Natur und das ökologische Gleichgewicht zu bewahren, auch für Menschen fernab der Religion.
Das moderne Erntedankfest: Traditionen und Symbolik
Lokale Gemeinschaften spielen eine Schlüsselrolle bei der Feier des Erntedankfestes. Kirchen, Schulen und kommunale Organisationen kommen zusammen, um Feierlichkeiten zu organisieren, darunter karitative Veranstaltungen, Messen und Feste.
In der Kirche
Das Hauptereignis des Erntedankfestes ist immer noch der Gottesdienst, bei dem die Priester die Ernte segnen und die Menschen dem Herrn für alles danken, was er ihnen geschickt hat. Dem Gottesdienst folgen oft Prozessionen, bei denen Kränze aus Ähren sowie Obst, Gemüse und Brot getragen werden. Darüber hinaus werden auch andere besonders naturnahe Lebensmittel wie Mehl, Honig oder Wein als Gaben dargebracht. Oft werden diese Lebensmittel an Menschen mit geringem Einkommen, Obdachlose oder karitative Einrichtungen gespendet.
Die Kirchen werden auch mit Blumen, Früchten und Ähren geschmückt. Mancherorts wird eine „Erntekrone“ in der Kirche aufgehängt oder auf den Altar gestellt, oder sie wird in einer Prozession durch die Gemeinde getragen.
Die Erntekrone wird aus dem letzten Schnitt geflochten und besteht aus vier zur Mitte gebogenen Streben. Jede Strebe ist aus einer anderen Getreideart geflochten, wie Weizen, Roggen, Hafer und Gerste. Diese vier Streben symbolisieren die Hoffnung, den Glauben, die Sorge und die Dankbarkeit, während der runde Kranz an der Basis die unendliche Ewigkeit symbolisiert.
Weniger verbreitet sind Ernteteppiche für das Erntedankfest. Aus verschiedenen Obst- und Gemüsesorten, Blumen, Samen, Nüssen und Körnern wird auf dem Altar ein kunstvolles Bild mit christlichen Motiven gestaltet. Diese mühsame Arbeit wird in der Regel von Frauen aus der Gemeinde übernommen.
Manchmal werden auch Ernteräder aufgestellt. Zu diesem Zweck wird der Innenraum zwischen den Radspeichen mit Obst und Gemüse oder Blumen gefüllt, und das Rad selbst wird im Altarraum auf den Boden gestellt.
Messen und Umzüge
In vielen Städten und Dörfern Deutschlands finden auch Feste und Messen statt, bei denen man traditionelle Gerichte probieren und an verschiedenen Veranstaltungen teilnehmen kann. Von Mitte September bis Anfang Oktober finden Umzüge mit Wagen, Fußgruppen und Marschkapellen statt. Die Darstellung von Erntesituationen wird mit an Karnevalszügen angelehnten Motiven angereichert. Die Blumen, mit denen die Wagen geschmückt werden, sind in der Regel frisch.
Berühmte Erntedankumzüge finden in den folgenden Orten statt:
- Fürth (83 Gruppen in 2023);
- Clarholz (mehr als 50 Gruppen in 2023);
- Heidesheim am Rhein (keine genauen Zahlen);
- Hamburg-Kirchwerder (60 Gruppen in 2023);
- Papenburg-Obenende (28 Wagen in 2022);
- Pulheim-Stommelerbusch (31 Gruppen in 2019);
- Düsseldorf-Urdenbach (etwa 40 Gruppen in 2023);
- Waldenau-Datum (44 Gruppen in 2023);
- Frohburg sowie in anderen sächsischen Städten (53 Gruppen in 2023).
Die Feierlichkeiten zum Erntedankfest können von Region zu Region unterschiedlich sein. In Bayern zum Beispiel ist das Fest eher religiöser Natur, mit einem Schwerpunkt auf kirchlichen Ritualen, während in den nördlichen Regionen mehr Wert auf gesellschaftliche Veranstaltungen und Jahrmärkte gelegt wird. In den Bergen findet der sogenannte „Almabtrieb“ statt, bei dem mit Blumen geschmückte Kühe und Schafe durch die Berge und Täler getrieben werden. Dabei tragen sie große Glocken um den Hals, um böse Geister abzuwehren.
Die folgenden Traditionen zum Erntedank sind auch in Deutschland verbreitet:
- Beim Kartoffelhahn isst man nach der Ernte gemeinsam Hähnchen. Als die Kartoffeln noch von Hand geerntet wurden, riefen die Erntehelfer „Mir han scho de Hahn!“, wenn sie mit der Arbeit fertig waren. Der Bauer wusste dann, dass er einen oder mehrere Hähne für das gemeinsame Festmahl zubereiten musste;
- Erntepuppen aus Getreide werden auf den Feldern zurückgelassen oder verbrannt, um eine gute Ernte im nächsten Jahr zu sichern; größere Puppen aus Strohballen schmücken die Ortseingänge;
- Kinder gehen von Haus zu Haus und sammeln Erntegaben ein. Im Allgemeinen sind Kinder oft an der Herstellung von Dekorationen und Umzügen beteiligt;
- Süßigkeiten und Früchte werden bei Prozessionen in die Menge geworfen.
Erntefeste in der Weltkultur
Das deutsche Erntedankfest hat viele Gemeinsamkeiten mit anderen Erntefesten in aller Welt. Das ist nicht verwunderlich – sie haben alle einen ähnlichen Ursprung und eine ähnliche Bedeutung.
Österreich
Im benachbarten Österreich wird das Erntedankfest in der Regel im September oder Oktober gefeiert. Die katholische Kirche bevorzugt in städtischen Gebieten den ersten Sonntag im Oktober. Gemeinden in ländlichen Gebieten feiern eher Ende September, und auch die überkonfessionelle Landjugend beteiligt sich aktiv an den Feierlichkeiten.
In einigen Pfarren gibt es den Brauch der Erntedankwallfahrt (z. B. pilgern Reit im Winkler am Samstag vor Erntedank nach Maria Kirchental) oder Umzüge (z. B. sind Tiroler Gemeinde und Nassereith für ihre farbenprächtigen Prozessionen bekannt).
Die Schweiz
In der gebirgigen Schweiz feiern viele Gemeinden die „Sichlete“ oder den „Chästeilet“. Dabei geht es um den Viehabtrieb und den Erntedank, und die auf den Almen hergestellten Käselaibe werden unter den Bauern verteilt. Da die Tiere noch vor dem ersten Schnee ins Tal gebracht werden müssen, finden die Feste oft schon im September statt.
Das große Fest findet in der Hauptstadt Bern statt und ist 2024 für den 16. September geplant. Das beliebte Fest wird auch im Kirchdorf in Obersiggenthal veranstaltet, allerdings schon früher, Ende August.
USA und Kanada
In Amerika ist Thanksgiving ein nationaler Feiertag, der am vierten Donnerstag im November gefeiert wird. Er erinnert an die Ankunft der Pilgerväter auf der Mayflower in Massachusetts im Jahr 1620. Der Feiertag hat wenig religiöse Konnotationen, es geht eher um die nationale Identität, und Thanksgiving wird meist im engen Familienkreis beim Abendessen gefeiert. Gebratener Truthahn ist ein Pflichtgericht auf dem Festtisch.
In Kanada wird Thanksgiving am zweiten Montag im Oktober gefeiert und ist, wie in den USA, ein gesetzlicher Feiertag. Das kanadische Fest ähnelt jedoch stark unserem Erntedankfest: Die Kirchen werden mit Erntegütern geschmückt und am Sonntag vor dem Fest finden Gottesdienste statt.
Schlussfolgerung
Unabhängig davon, wie sich die Gesellschaft verändert und welche wissenschaftlichen und technischen Fortschritte wir machen, ist das Erntedankfest nach wie vor eng mit der deutschen Kultur und Tradition verbunden. Das Erntedankfest ist ein Ausdruck der universellen Dankbarkeit für die ewigen Werte, die keinem Menschen fremd sind: Dankbarkeit gegenüber dem Land für seine Fruchtbarkeit, gegenüber der Natur und Gott für die Fülle und Großzügigkeit, und gegenüber der Gemeinschaft für ihre Unterstützung und gemeinsame Arbeit.