Martinstagsbräuche in Deutschland
Der Martinstag, der am 11. November gefeiert wird, ist einer der wichtigsten Feiertage in Deutschland und anderen katholischen Ländern. Es gibt viele interessante Bräuche rund um diesen Feiertag. Doch wer ist Martin von Tours, was genau feiern wir am 11. November, und welche Traditionen und Bräuche zum Martinstag gibt es in Deutschland?
Der heilige Martin, der im 4. Jahrhundert lebte, war für seine guten Taten und Unterstützung der Bedürftigen bekannt. St. Martin ist der Schutzpatron der Bettler, Soldaten, Reisenden und Tiere.
Der Sankt-Martins-Tag wird jährlich am 11. November gefeiert. Die Würdigung des heiligen Martins ist heute der Hauptaspekt dieses Festes, das in der Kultur der katholischen Länder und also auch Deutschlands einen besonderen Platz einnimmt. Die Wurzeln der Traditionen, die den 11. November begleiten, reichen jedoch viel tiefer.
Der Martinstag ist nur ein kirchlicher Feiertag und wird in keinem Bundesland offiziell begangen.
Allgemeine Informationen über den Martinstag
Name des Feiertags | Martinstag, Sankt-Martins-Tag, Martinsfest, Martini |
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Datum | 11. November |
Was wird gefeiert | Erinnerung an Martin von Tours, an Barmherzigkeit und Güte; früher war es ein Fest zum Ende des Bauernjahres und zum Winterbeginn |
Erstmals gefeiert | seit frühem Mittelalter |
Wo wird gefeiert | Europa |
Offizieller Status | gebotener Gedenktag der katholischen Kirche; Gedenktag der evangelischen Kirche |
Symbole | Laternen und Feuer, Martinsgans, Martinswecken |
Wichtigste Bräuche | Laternenumzüge, Heischegänge, Spendeaktionen |
Geschichte und Ursprung des Martinstags
Das moderne Martinsfest hat sich aus zwei wichtigen Komponenten entwickelt: einem religiösen Feiertag in Verbindung mit volkstümlichen Traditionen, die das Ende des landwirtschaftlichen Jahres markieren.
Christliche Wurzeln: der heilige Martin von Tours
Der heilige Martin wurde 316 oder 336 in der römischen Provinz Pannonien (dem heutigen Ungarn) geboren. Er war der Sohn eines Offiziers und trat im Alter von 15 Jahren selbst in die römische Armee ein.
Während Martins Aufenthalt in Amiens um 334 soll sich eine Begebenheit zugetragen haben, die ihn zu einem der beliebtesten Heiligen der katholischen Kirche machte: Mitten in einem kalten Winter traf er am Stadttor einen unbekleideten Bettler. Obwohl Martin selbst nur ein Schwert und einen Soldatenmantel besaß, schnitt er seinen Mantel in zwei Hälften und gab eine Hälfte dem armen Mann.
In der nächsten Nacht erschien ihm im Traum Christus in demselben Mantel. Zu diesem Zeitpunkt war Martin noch nicht getauft und wusste nichts über das Christentum (obwohl einige Quellen behaupten, dass er schon als Kind zum ersten Mal mit dem christlichen Glauben in Kontakt kam). Die Vision von Jesus wurde zu einem Wendepunkt in Martins Leben und führte zu seinem Übertritt zum Christentum.
Martin ließ sich taufen (vermutlich in den 350er Jahren, das genaue Datum ist unbekannt) und wurde Priester. Eine Zeit lang war er als Wanderprediger tätig, aber 361 gründete er die Abtei de Ligugé. Im Jahr 371, als die benachbarte Stadt Tours einen neuen Bischof suchte, fiel die Wahl auf Martin, hauptsächlich auf Wunsch der Bevölkerung.
Obwohl sich ihm große Karrierechancen boten, lehnte Martin jegliche Anzeichen von Macht ab und zog es vor, bescheiden in einer armen Mönchszelle zu leben (375 gründete er ein weiteres Kloster in Tours, das heutige Kloster Marmoutier). Der Heilige wählte den Weg der Nächstenliebe und wurde schließlich zu einem Vorbild der Selbstaufopferung und der Hilfe für die Bedürftigen. Dies brachte ihm schon zu Lebzeiten Ruhm und Ehre ein.
Es gibt Hinweise darauf, dass Martin von Tours bereits im 5. Jahrhundert heiliggesprochen wurde. Martin war der erste Nichtmärtyrer der katholischen Kirche. Er wurde zum Schutzpatron des christianisierten Frankenreichs, und sein Kult verbreitete sich vor allem dort und in Nordwestdeutschland.
Martin starb am 8. November 397 im Alter von etwa 60 oder 81 Jahren in Candes bei Tours. Angeblich wurde am 11. November begraben, und dieser Tag wurde zum Gedenktag. Dieser Tag war (und ist) jedoch nicht nur Martin gewidmet, und es ist unklar, ob er tatsächlich am 11. November begraben wurde oder ob man beschloss, das Gedenken an den Heiligen mit einem bestehenden Feiertag zu verbinden.
Volkstümlicher Ursprung des Martinstages
Der Martinstag fiel früher auf den Beginn der Fastenzeit, die vor Weihnachten gefeiert wurde (und in einigen orthodoxen Kirchen immer noch gefeiert wird). Es war also wie die Fastnacht der letzte Tag vor dem Fastenbeginn, an dem man feiern und schlemmen konnte.
Das Martinsfest markiert auch das Ende des Erntejahres und den Beginn des Winters. Es wird angenommen, dass dieser Feiertag einen gemeinsamen Ursprung und Zweck mit dem keltischen Samhain hat, aus dem das moderne Halloween hervorging.
Man feierte das Erntedankfest im Frühherbst, und am Martinstag wurden weitere wichtige Ereignisse begangen: Das Erntegut wurde verarbeitet, der neue Wein zum ersten Mal verkostet und die Tiere geschlachtet. Die Arbeit auf dem Feld ruhte, und die Bauern brauchten sich nur noch um die Tiere zu kümmern und Reparaturen vorzunehmen. Auch der Beginn und das Ende der Pacht-, Zins- und Lohnfristen waren an diesen Tag gebunden.
Es gibt Sprichwörter: „Auf Martini ist Zinszeit“ und “Sankt Martin ist ein harter Mann, für den, der nicht bezahlen kann.“
Übrigens: Elfter im Elften (nämlich 11.11, 11:11 Uhr) ist oft der inoffizielle Beginn der Karnevalszeit. Die Zahl 11 hat im Christentum eine besondere Bedeutung. Die Zahlen 10 und 12 gelten als heilig, weil es 10 Gebote gibt und Jesus 12 Apostel hatte, und die Zahl 11 steht daher außerhalb der christlichen Zahlen und symbolisiert Sünde und Ausschweifung (was auch zur Karnevalszeit passt, in der getrunken, gegessen und sich maßlos amüsiert wird).
Irgendwann im 19. Jahrhundert begannen sich mit der Verstädterung auch die Feiertage und Volksbräuche zu verändern. Seit 1900 hat der St. Martinstag seine wirtschaftliche Bedeutung verloren. Die Feiern wurden organisierter, die religiöse und katechetische Komponente trat in den Vordergrund, und es kam eine pädagogische Komponente hinzu.
Seitdem steht die Legende des Martinsmantels und damit der Heilige als Vorbild der Barmherzigkeit für Kinder im Mittelpunkt. Nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkte sich die soziale Komponente des Martinstages. Aus dem Brauch der Martinsfeuer entwickelte sich der Brauch der Martinsumzüge, die auch ein Symbol dafür sind, wie eine gute Tat die Güte Gottes in die Dunkelheit bringt.
Bauernregeln zum Martinstag
Der Martinstag war schon immer einer der wichtigsten Tage im landwirtschaftlichen Jahr, und die Menschen glaubten, dass das Wetter an diesen Tagen besonders wichtig sei. Zu den beliebten Bauernregeln zum Martinsfest gehören die folgenden:
- Bringt Sankt Martin Sonnenschein, tritt ein kalter Winter ein.
- Wenn die Martinsgänse auf dem Eise geh’n, muss das Christkind im Schmutze steh’n.
- Wenn um Martini Regen fällt, ist’s um den Weizen schlecht bestellt.
- Wenn um Martini Nebel sind, wird der Winter meist gelind.
- An Martin Eis, macht das Christkind heiß.
- Ist Martini klar und rein, bricht der Winter bald herein.
- Wolken am Martinitag, der Winter unbeständig werden mag.
- Hat Martini einen weißen Bart, wird der Winter lang und hart.
- Wenn’s Laub nicht vor Martini fällt, kommt eine große Winterkält’.
Bräuche und Traditionen zum Sankt-Martins-Tag in Deutschland
Wie im übrigen Europa ist der Martinstag auch in Deutschland einer der traditionsreichsten religiösen Feiertage.
Laternenumzüge und Martinslichter
Einer der zentralen Bräuche des Martinstags ist das Basteln von Laternen, die die Kinder zu Hause oder in der Schule anfertigen. Diese Laternen können verschiedene Farben, Formen und Verzierungen haben, was jedem Martinsumzug einen besonderen Reiz verleiht. Die Laternen symbolisieren das Licht, das Martin den Menschen gebracht hat, und sind ein Zeichen der Hoffnung.
Nach dem Basteln der Laternen versammeln sich Kinder und Erwachsene zu einem festlichen Umzug. Die Laternenumzüge finden am Abend des 10. oder 11. November statt. Der 10. November ist ein Datum, das eher für protestantische Bundesländer typisch ist, denn ein anderer, ebenso berühmter Martin wurde am 10. November geboren – Martin Luther.
Die Hunderte von Martinslichtern, die die Straßen der Städte und Dörfer erhellen, sind ein spektakulärer Anblick. Die Umzüge werden oft von einem Reiter angeführt, der als römischer Soldat verkleidet ist. So wird St. Martin auch auf Ikonen dargestellt: Er trägt einen Helm und einen roten Mantel, sitzt auf einem weißen Pferd und zerschneidet seinen Soldatenmantel mit einem Schwert.
Es ist nicht bekannt, ob St. Martin zu Pferd war, als er den Bettler traf. Er wird als ein edler und barmherziger Ritter dargestellt, um seine Rolle als Vorbild für die Christen zu unterstreichen.
Die Teilnehmer des Umzugs singen traditionelle Lieder wie „Laterne, Laterne, Sonne, Mond und Sterne“, „Sankt Martin ritt durch Schnee und Wind“ und „Ich geh mit meiner Laterne“. In einigen Gemeinden gehören zu den Umzügen auch Theateraufführungen, bei denen Kinder die Szene nachspielen, in der Martin seinen Mantel mit einem armen Mann teilt.
Laternen und Umzüge ersetzten im 19. Jahrhundert die Martinsfeuer, bei denen über das Feuer gesprungen und um es herum getanzt wurde. In einigen Gemeinden gibt es noch Martinsfeuer am Ende des Umzugs, aber das ist eher selten. Es wird auch behauptet, dass dieser Brauch an den Fackelzug beim Begräbnis des heiligen Martin erinnern soll.
Außerdem brachte das Martinsfeuer Licht in die dunkle Jahreszeit und läutete den Winter ein, so wie das Johannisfeuer den Sommer einläutete.
Martinsgänse
Eines der wichtigsten Elemente des Martinsfestes ist das traditionelle Gänseessen. Die Legende besagt, dass Martin, der sich für unwürdig hielt, versuchte, seiner Wahl zum Bischof zu entgehen. Er versteckte sich in einem Gänsestall, doch die Vögel verrieten ihn durch ihr Schnattern. Aus diesem Grund wird der Gänsebraten oft als Hauptgericht auf der Festtafel serviert. Tatsächlich handelt es sich um eine Sekundärlegende, die im Spätmittelalter erfunden wurde, um eine Verbindung zwischen dem Brauch und dem Heiligen herzustellen.
Eine andere Legende besagt, dass Martin unter dem Vorwand, dass eine kranke Frau in der Gemeinde seine Hilfe benötige, aus seinem Versteck gelockt wurde.
Wahrscheinlicher ist, dass der Brauch, eine Gans zu essen, mit dem Ende des Erntejahres, dem Beginn der Fastenzeit und die Pachtgans, mit der am St. Martinstag die „kleine Pacht“ für Land bezahlt wurde, zusammenhängt.
Die Martinsgans wird in der Regel mit Rotkohl und Semmel- oder Kartoffelknödeln serviert, und vom 17. bis zum 19. Jahrhundert war es sogar üblich, beim Festessen am Martinstag Gänsegedichte vorzutragen.
Heischegänge (Martinssingen) und Martinswecken
Am Martinstag ziehen die Kinder mit Laternen von Haus zu Haus und bitten um Süßigkeiten wie Bonbons, Nüsse, Äpfel oder süßes Gebäck. Manchmal singen sie auch traditionelle Lieder. Heutzutage werden solche kindlichen Spiele mit Halloween in Verbindung gebracht, aber diese Tradition gab es schon lange bevor dieser amerikanische Feiertag in unser Land kam.
In den protestantischen Bundesländern wurde dieser Brauch etwas abgewandelt und heißt vorwiegend Martinisingen: Kinder gehen immer noch von Tür zu Tür und bitten um Süßigkeiten, singen aber stattdessen Lieder über Martin Luther (z. B. „Martinus Luther war ein Christ“).
Heischegänge haben auch eine tiefe religiöse Bedeutung. In der frühen Kirche war es üblich, gesegnetes, aber nicht konsekriertes Brot nach dem Gottesdienst an Sonn- und Festtagen als Ersatz für die Kommunion für diejenigen zu reichen, die die Eucharistie nicht empfangen durften oder konnten.
Im Laufe der Zeit wurde dieses Brot für den Nikolaustag und den Martinstag in Figurenform gebacken. So entstanden die Martinswecken, die Stutenkerle oder die Weckmänner, kleine Hefebrötchen in Form des heiligen Martin.
Moderne Traditionen zum Martinstag
Heutzutage werden neue Elemente in das Martinsfest aufgenommen, und der Feiertag wird an die Bedürfnisse der modernen Welt angepasst. Umweltinitiativen wie die Verwendung von recyceltem Material für die Martinslichter werden immer beliebter.
Spendenaktionen, bei denen Mitglieder der Gemeinschaft Kleidung, Lebensmittel oder Geld für Bedürftige sammeln, sind ebenfalls von großer Bedeutung geworden. Dies ist eine großartige Gelegenheit, die Gemeinde zu organisieren und den Kindern beizubringen, wie wichtig und angenehm es ist, zu teilen und zu helfen.
Lokale Unterschiede bei der Feier des Sankt-Martins-Tages in Deutschland
Die Bräuche zum Martinstag sind in Deutschland von Region zu Region unterschiedlich. Es wäre unmöglich, sie alle zu beschreiben, aber hier ist ein kurzer Überblick über die wichtigsten Besonderheiten:
- Wie Sie bereits wissen, haben sich in den nördlichen, von Protestantismus geprägten Bundesländern die Bräuche verändert, um Martin Luther zu gedenken, der am 10. November geboren wurde. In den südlichen Bundesländern besteht eine deutlichere Verbindung zu den volkstümlichen Karnevalstraditionen.
- Im Süden Deutschlands (vor allem im Donau-Ries, auf der Schwäbischen Alb und in Mittelfranken) warten die Kinder sehnsüchtig auf den Pelzmärtel, der wie der heilige Nikolaus die Geschenke bringt.
- Im Rheinland, wo die Verehrung des heiligen Martin besonders ausgeprägt ist, werden die Martinsfeiern recht standardisiert und kirchlich begangen. Gerade hier hat sich im 20. Jahrhundert auch der moderne Brauch der Martinsumzüge entwickelt.
- In den Weinregionen Deutschlands und Österreichs reift zu dieser Zeit der erste Wein (der Brauch, den ersten Wein zu verkosten, wird auch Martinsminne oder Martiniloben genannt), und mancherorts ist es auch üblich, den neuen Wein des Jahres am Martinstag zu segnen.
- Es gibt auch einige einzigartige Bräuche, zum Beispiel wurden in Würzburg früher Kämpfe zwischen Martinsschweinen veranstaltet.
- Traditionelle Weckmänner werden nicht überall gebacken, obwohl fast alle Festtagsgebäcke aus Hefeteig zubereitet werden. In manchen Gegenden, wie in Bayern, im Ruhrgebiet und in Westfalen, backt man Martinsbrezeln, die dann mit Zucker bestreut werden. Im Süden werden auch kleine Martinsgänse gebacken. Gelegentlich findet man auch Martinshörnchen, die allerdings eher zu den polnischen Süßigkeiten gehören.
Schlussfolgerung
Das Martinsfest ist ein Feiertag mit tiefer Bedeutung. Es ist eine Gelegenheit, mit unseren ländlichen Traditionen in Kontakt zu kommen und denjenigen, die es am meisten brauchen, Barmherzigkeit und Freundlichkeit zu zeigen.
Der Martinstag ist eine einzigartige Gelegenheit, die Traditionen der Vergangenheit zu pflegen und zugleich zu einer besseren Zukunft beizutragen. Auch wenn Sie kein praktizierender Christ sind, lohnt es sich, diesen Tag zumindest mit einer kleinen Geste der Nächstenliebe zu begehen.